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01/2018

Käpt'n Guldenschuh: 23 Tore - als Libero!

Auf den ersten Blick ist Timo Guldenschuh vielleicht nicht unbedingt der geborene Torjäger. Doch der Schein trügt – im Verteidiger des A-Klasse-Teams FC Bavaria Wörth lauert eine Menge verstecktes Potential, mit dem der 30-Jährige sein Team auch bereits vor dem Abstieg bewahren konnte. Der Blondschopf ist bei den Südpfälzern Kapitän, Vorstandsmitglied und Lebensversicherung – und damit unsere Kultfigur der Woche auf FUSSBALL.DE.

Seit 1994 schnürt Timo Guldenschuh jede Woche seine Fußballschuhe für den FC Bavaria Wörth. „Es gehört mittlerweile zum Leben dazu“, erklärt er seine Routine gegenüber FUSSBALL.DE. Auf 23 aufregende Jahre im Amateurbereich kann der gelernte Verteidiger mittlerweile zurückblicken, fast alle davon erlebte im blau-weißen Trikot des FCB. Bei den Südpfälzern hat sich Guldenschuh so als unumstrittener Kapitän und sicherer Rückhalt in der Defensive etabliert. Dass er auf seine alten Tage hin aber auch noch einmal interner Topscorer werden würde, damit hatte wohl auch der Routinier selbst nicht mehr gerechnet.

Alles begann in der Saison 2015/16 mit einem Neuanfang innerhalb der Mannschaft. „Wir sind zuvor abgestiegen und mussten in der B-Klasse von vorne beginnen“, erinnert sich der 30-Jährige an die Geburtsstunde seines Torjägerimage zurück. Nicht nur der Kader der Wörther wurde einmal vollkommen umgekrempelt, mit Akin Özer bekamen die Blau-Weißen auch einen neuen Spielertrainer vorgesetzt. Die gesamte Mannschaft wurde einmal auf links gedreht, entsprechend holprig verlief der Start in die neue Spielzeit. In den ersten elf Partien gelang dem FCB kein einziger Sieg, mit nur drei mageren Punkten rückte ein erneuter Abstieg in bedrohliche Nähe.

Bis sich das Blatt am 12. Spieltag wendete - und Guldenschuhs Stern aufging: Im Auswärtsspiel beim FC Berg gelang dem Mannschaftskapitän ein lupenreiner Hattrick: Zwischen der 52. und 70. Minute traf er dreimal per Kopf , der FCB drehte das Spiel nach einem zwischenzeitlichen 1:3-Rückstand noch in einen 5:3-Sieg. Der ersten Dreier der neuen Saison war geschafft. „Das war schon ein persönliches Highlight“, so Guldenschuh, "und definitiv ein Wendepunkt der Saison." Denn danach funktionierte es wieder mit dem Kicken bei der Bavaria. „Wir wussten selbst nicht genau, was es war. Aber auf einmal ist es gelaufen“, zeigt sich Guldenschuh noch heute verwundert, ob des plötzlichen und unerwarteten Erfolgs.

"Wir wussten selbst nicht genau, was es war. Aber auf einmal lief es"

„Der Trainer hat das natürlich für sich verbucht“, erklärt der Wörther mit einem Augenzwinkern. Aber ganz sicher hatte auch Guldenschuh einen großen Anteil am Klassenerhalt. Der Libero kam nach seinem Dreierpack gegen Berg erst richtig auf Touren, schoss in der Saison 2015/16 weitere 20 Tore. „Von den 23 habe ich wohl nur ein einziges aus dem Spiel heraus erzielt“, gibt der 30-Jährige ehrlich zu. „Der Rest ist durch Standards gefallen: direkte Freistöße, Elfmeter – der Großteil per Kopf nach einem Eckball.“

Insgesamt 13 Mal war die Wörther Lufthoheit per Kopfball erfolgreich, mauserte sich so zur Lebensversicherung des Teams – und zum Go-to-Guy der Kollegen. „Irgendwann hat sich das dann natürlich auch zum Matchplan entwickelt“, erklärt Guldenschuh. „Wir hatten nicht unbedingt die Möglichkeit, die Situation spielerisch zu lösen. Also haben wir versucht, hinten mit einer Viererkette dicht zu stehen und vorne dann eben die Konter und ruhenden Bälle zu verwerten.“

Eine Taktik, die überraschend gut aufging: Guldenschuh traf und traf – warum, das weiß er selbst nicht so richtig. Schließlich hatte der 30-Jährige vorher nie als Stürmer auf dem Platz gestanden, nie wirklich für Angst in der gegnerischen Defensive gesorgt. „In der Jugend habe ich einmal als Mittelfeldspieler zweistellig getroffen“, erinnert sich der Pfälzer wage. „Aber bei den Herren war ich schon immer in der Abwehr aktiv.“ Dabei gelangen ihm auch mal drei bis vier Tore pro Saison, die plötzliche Torflut sei für ihn aber auch heute noch unbegreiflich.

Irgendwann schien es sogar so, als würden ihm die Treffer zufliegen. „Manchmal sind mir die Bälle fast vor die Füße gefallen“, erklärt Guldenschuh. Aber auch das steigende Selbstvertrauen habe eine entscheidende Rolle gespielt. „Wenn man einmal angefangen hat zu treffen, glaubt man natürlich an sich.“ Fast die Hälfte aller 49 Mannschaftstore ging so schließlich auf das Konto des Blondschopfs. Der eigentliche Defensivspezialist konnte so sich zwischenzeitlich sogar Hoffnung auf die Torjägerkanone machen. „Wir haben darüber in der Saison 15/16 das ein oder andere Mal ein paar Späße gemacht“, gesteht er. „Aber am Ende war das natürlich vollkommen unrealistisch.“ Dennoch schafft es der Wörther zum Saisonende auf Platz sieben der Torjägerliste , lediglich zwölf Treffer fehlen ihm auf die Spitzenreiter Manuel Kober vom TSV Freckenfeld. „Der war aber auch Stürmer“, gibt der Daimler-Angestellte zu bedenken.

Der FC Bavaria Wörth rettete sich indes mit 26 Punkten auf Platz 12 und damit vor dem Abstieg. Es kam aber sogar noch besser, denn in der darauffolgenden Spielzeit machten die Südpfälzer als Meister sogar den Wiederaufstieg in die A-Klasse perfekt. „Wir hatten immer die Hoffnung, dass es klappt“, verrät der Kapitän. „Zu erwarten war das aber nicht. Es gehörte schon ein wenig Glück dazu.“ Erst der Beinahe-Abstieg und dann der Aufstieg: Da muss er selbst fast ungläubig den Kopf schütteln, aber auch dem Trainer den nötigen Tribut zollen: „Spielerisch und taktisch waren wir viel besser eingestellt. Das war ausschlaggebend“, sagt Guldenschuh.

In der aktuellen Saison steht der FC Bavaria momentan in der A-Klasse Südpfalz (9. Liga) auf dem 14. Platz. Der etatmäßige Goalgetter hat eine Zeit lang verletzt gefehlt: „Ich hatte eine Entzündung an der Achillessehne“, erklärt Guldenschuh, der bisher immerhin schon vier Treffer beisteuern konnte. Und wer weiß, vielleicht kommen nach der Genesung nun auch weitere hinzu. „Ich hoffe, dass ich noch ein paar Spiele diese Saison machen kann“, sagt der 30-Jährige. Ob es wieder für 23 Treffer reicht, ist aus seiner Sicht zwar eher fraglich, aber vielleicht ist für Guldenschuh und den FC Bavaria ja immerhin der Klassenerhalt drin. Das wäre für alle Seiten ja auch schon achtbarer Erfolg.

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